Und was machen wir jetzt?
"Und was machen wir jetzt?“ Helen sitzt auf Opa Peters Schoß und schaut ihn mit großen, fragenden Augen an. Auf dem Tisch liegen Spiele und Bücher. Gebastelt haben sie auch schon.
„Können wir nicht mal nach draußen gehen, um zu sehen, ob der Wind immer noch so stark ist, dass er mich umwehen kann?“
„Eine gute Idee“, meint Opa, „vorher ziehen wir uns aber noch eine Weste und feste Schuhe an. Ich schlage vor, wir gehen in den Wald, da packt uns der Wind nicht so!“
Zuerst geht es am Feldrand entlang. „Komm, ich nehm dich auf meine Schultern!“ So marschieren die beiden auf den Wald zu. Dass es dabei in Schauern regnet, stört sie nicht.
Manchmal soll Opa für Helen hopsen. Dabei wackelt sie auf und nieder und mal nach links und mal nach rechts.
„Opa, kann ich auf deinen Schultern eigentlich seekrank werden?“
„Nein! Ich bin doch kein Schiff auf der Ostsee!“
Im Wald kann Helen wieder allein laufen. Sie entdeckt Brombeeren, die sie gleich isst.
„Was war das, Opa?“
„Was meinst du?“
„Da, da war es schon wieder!“
„Peng – Peng – Knack – Knack“, sie hören, wie Äste aneinander schlagen. Doch dazwischen, meint Helen, sind deutlich andere Geräusche zu hören!
„Juhu – Juhuuuu! Hihi – Hihiiii! Huihi – Huihihihi!“, und ein lautes „Hohooo!“, meint Helen.
„Ach, diese Geräusche meinst du“, sagt Opa nachdenklich. „Weißt du denn nicht, dass das Hexenkinder sind, die bei stürmischem Wetter fliegen lernen? Hat dir das keiner erzählt?“
Helen drückt sich fest an Opas Beine.
„Du brauchst doch keine Angst zu haben. Hexen tun dir nichts. Du weißt doch bestimmt, dass Hexen auf Besen durch die Lüfte fliegen. Hast du geglaubt, dass ein Hexenkind das nicht zuerst üben
muss? Wir Menschen müssen doch auch das Fahrradfahren lernen. Der Besen ist sozusagen das Hexenfahrrad! Weißt du noch, wie schwer es war, geradeaus zu fahren, als wir von deinem Rädchen die
Stützräder abgemacht haben?
Und es ist noch viel schwieriger, mit einem Besen fliegen zu lernen. Was meinst du, wie viele Hexenkinder beim Fliegenüben von ihrem Besen herunter gepurzelt sind und sich dabei die Beine
verstaucht haben oder auf ihrem Po gelandet sind und blaue Flecken bekommen haben! Darum haben die Hexenmütter einen sicheren Ort zum Fliegenlernen ausgesucht. Hier im Wald sitzen die Hexenkinder
bei starkem Wind auf
den Ästen und lernen, ihr Gleichgewicht zu halten, bevor sie fliegen. Hör mal, was für einen Spaß die haben!“
Helen lauscht. Wirklich, sie hört das Hexenkinderlachen! Angst hat sie nun keine mehr.
„Möchtest du auch das Hexenbesenfliegen lernen?“, fragt Opa.
„Ja! Aber wo?“
„Auf der Buche, die hier liegt.“
Schnell hat Opa Peter einen Übungsast gefunden und setzt Helen darauf.
„Ich zähl bis drei, dann geht’s los. Halt dich gut fest!“
Opa springt auf den Stamm und fängt ganz doll an zu wippen. Helen fliegt durch die Luft! Sie jucheit und quiekt und lacht: „Juchhu, ich bin ein Hexenkind! Ich lerne fliegen!“
Es geht auf und nieder, auf und nieder, immer wieder, auf und nieder!
Helen jucheit und quiekt und lacht noch immer: „Jetzt bin ich ein Hexenkind und lerne fliegen! Opa, kannst du noch schneller wippen?“
Aber Opa ist schon richtig außer Puste. „Ich brauch mal eine Pause“, sagt er.
Helen schließt die Augen. … Da sieht sie eine kleine Hexe mit hellen Nudellocken.
„Du hast das Hexenbesenfliegen so gut geübt, dass ich glaube, dass ich dich mit nach oben in die Baumkronen nehmen kann. Da macht das Fliegenüben nämlich noch viel mehr Spaß!“
„Wer bist du denn?“, fragt Helen.
„Ich bin die Hexe Nudelhaar.“
Helen lacht: „Ich komme mit!“
Oben geht es richtig los! Viele Hexenkinder sitzen auf Ästen und üben. Rauf und runter, hin und her, kreuz und quer. Alle lachen und quieken. Helen fühlt sich so richtig wohl! Da hört sie Opas
Stimme:
„Helen, wo bist du?“ Und noch einmal, nun etwas lauter, ruft er: „Helen, wo bist du?“
„Hier oben in den Baumkronen. Ich komme jetzt wieder runter, fang mich auf!“
Hexe Nudelhaar gibt Helen einen leichten Schubs und sie landet genau in Opas Armen. … Als Helen ihre Augen wieder öffnet, sitzt sie noch immer auf dem Baumstamm und Opa Peter wippt wieder.
„Ich bin richtig stolz auf dich“, sagt Opa. „Da hab ich mich so angestrengt und ganz doll gewippt und du bist nicht einmal ansatzweise heruntergefallen! Du hast die erste Hexenfliegeprüfung
bestanden! Als Belohnung bekommst du jetzt einen warmen Kakao und ein Stück Kuchen bei Oma Lisa.“
„Ein Stück Kuchen hast du dir aber auch verdient, Opa!“
Als sie nach Hause kommen, öffnet Oma Lisa den beiden die Tür: „Schön, dass ihr unbeschadet wieder nach Hause gefunden habt.“
Helen ist so aufgeregt, dass sie der Oma gar nicht schnell genug alles erzählen kann, was sie im Wald erlebt hat.
„Kommt doch erst einmal herein, dann könnt ihr mir in Ruhe alles berichten.“
Und lächelnd zu Opa Peter gewandt meint sie: „Heute Nacht hat unsere kleine Helen aber Aufregendes zu verarbeiten! Das wird bestimmt eine handgreifliche, laute Träumerei werden!“
1. Auflage, Februar 2016
Softcover, A5
100 Seiten
ISBN 978-3-943313-70-3
14,95 €
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